Ausgabe 5/2009

Sehr geehrte Damen und Herren,
unser heutiger Newsletter informiert Sie über folgende Themen:

  • Gemeinschaftspraxis- und Gemeinschaftsverträge müssen zum „Vertrags-TÜV"

  • Arbeitsrecht für Zahnärzte

  • Berufsrecht: Bezeichnung „Zahnklinik" zulässig?

  • Disziplinarrecht

  • Wirtschaftlichkeitsprüfung

  • Wohnraummietrecht: Nutzungsentschädigung bei Räumungsfrist

  • Wenn der Staatsanwalt kommt  - Richtiges Verhalten bei Durchsuchung und Beschlagnahme in der Praxis

Gemeinschaftspraxis- und Gemeinschaftsverträge müssen zum „Vertrags-TÜV"

Viele unserer Mandanten haben Gemeinschaftspraxisverträge oder Praxisgemeinschaftsverträge mit jungen Zahnärzten, die sich noch nicht in die Gesellschaft eingekauft haben. In aller Regel ist dann vereinbart worden, dass bei einer Kündigung des Vertrages der junge Zahnarzt aus der Gesellschaft ausscheidet. Eine solche Kündigungsregelung gilt nach der Rechtsprechung aber nur für einen sehr begrenzten Zeitraum von max. 2 – 3 Jahren. Deshalb müssen Verträge, die diesen Zeitraum überschritten haben, überprüft werden. Es droht sonst die Gefahr, dass die Kündigungsregelung im Vertrag unwirksam ist, und deshalb ggf. auch der gesamte Vertrag. Ist – wenigstens – die Kündigungsregelung unwirksam, so greift ggf. die gesetzliche Regelung ein, wonach bei einer Kündigung des Seniorpartners sogar dieser selber aus der Gesellschaft ausscheiden kann.

Um solche völlig unerwünschten und finanziell gefährlichen Folgen zu vermeiden, muss der Vertrag überprüft, und ggf. angepasst werden.

 

Berufsrecht: Bezeichnung „Zahnklinik“ zulässig?

Ihde & Coll. bietet allen Mandanten nunmehr auch Rechtsberatungauf dem Gebiet des Arbeitsrechtes in der Zahnarztpraxis an.

Aus der Anwaltspraxis:

Entscheidend für die Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist oft, ob das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Dann benötigt der Zahnarzt einen offiziellen Kündigungsgrund. Das Kündigungsschutzgesetz findet aber nur bei einer bestimmten Mitarbeiterzahl Anwendung. Vollzeitbeschäftigte Mitarbeiter, d. h. Mitarbeiter mit mehr als 30 Wochenstunden sind rechnerisch mit 1,0 zu berechnen, Beschäftigte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 – 30 Stunden sind mit 0,75 und Beschäftigte mit bis zu 20 Wochenstunden sind lediglich mit 0,5 in Ansatz zu bringen. Ergibt die Berechnung unter Zugrundelegung der vorgegebenen Berechnungsgrößen eine regelmäßige Mitarbeiterzahl von mindestens 10,25 Mitarbeitern, kann sowohl nach Alter als auch nach neuer Regelung davon ausgegangen werden, dass die Regeln des Kündigungsschutzgesetzes Anwendung finden. Sofern die Berechnung ergibt, dass mindestens 5,25 Mitarbeiter, aber nicht mehr als 10 Arbeitnehmer in der Praxis beschäftigt werden, muss der Zahnarzt eine komplizierte Übergangsregelung beachten. Nur wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, benötigt der Arbeitgeber einen – rechtswirksamen – Kündigungsgrund. Findet das Gesetz keine Anwendung, kann einfach fristgemäß gekündigt werden.

 

Berufsrecht: Bezeichnung „Zahnklinik“ zulässig?
 

Die Bezeichnung „Zahnklinik" wurde von dem Berufsgericht für Heilberufe bei dem Verwaltungsgericht Potsdam mit Beschluss vom 09.07.08 als unzulässig angesehen, wenn die Einrichtung nicht über einen einem Krankenhaus entsprechenden organisatorischen, personellen und sachlichen Ausstattungsstandard verfügt. Das Berufsgericht forderte hierfür eine personelle und apparative Ausstattung welche einem Klinikbetrieb entspreche. Auch mit dem Begriff „Zahnklinik" verbinde die Öffentlichkeit nach Auffassung dieses Gerichtes eine „umfassende medizinische Vollversorgung". Diese Pflichtverletzung rechtfertige den Ausspruch einer Rüge als berufsrechtliche Sanktion (Beschluss des Berufsgerichts für Heilberufe bei dem Verwaltungsgericht Potsdam vom 09.07.08, 910 K 2118/06. T). Diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, ein Beschwerdeverfahren bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG 91 HB 1.08) ist anhängig. In diesem Verfahren argumentiert die Zahnklinik – unseres Erachtens zu Recht -, dass das Verständnis in der Bevölkerung über den Begriff „Zahnklinik" in den letzen Jahren einen deutlichen Wandel erfahren habe. Der Begriff der „Zahnklinik" werde gerade nicht als Synonym für eine Klinik im Sinne eines Krankenhausbetriebes verstanden. Es sei offenkundig, dass in einer „Zahnklinik" ausschließlich Leistungen „rund um den Zahn" geboten werden und es sich insoweit um ein eingeschränktes Leistungsspektrum handele. Eine Zahnklinik werde in dem Kontext einer besonderen komfortablen und zeitsparenden Rundumversorgung rund um den Zahn, verbunden mit der Möglichkeit der stationären Aufnahme, gesehen.

 

Disziplinarrecht
 

 Schon nach drei aufeinander folgenden Wirtschaftlichkeitsprüfbescheiden droht die Einleitung eines Disziplinarverfahrens! Hierbei drohen Sanktionen in Form von Geldstrafen und ggf. sogar das Ruhendstellen der Approbation. Dies verdeutlicht, dass ein Wirtschaftlichkeitsprüfbescheid – unabhängig von der Höhe des Regresses – unbedingt auf seine Richtigkeit geprüft und hiergegen ggf. Widerspruch eingelegt werden sollte. Lässt sich eine Unwirtschaftlichkeit hingegen nur in einzelnen Quartalen feststellen, während dazwischen zäsierend eine Reihe von unbeanstandeten oder nicht geprüften Quartalen liegen, kann von einer dauernden Unwirtschaftlichkeit, welche die Einleitung eines Disziplinarverfahrens rechtfertigt, nicht ausgegangen werden.

 

Gesellschaftsrecht
 

Das Landgericht Verden hat entschieden: Mit Umräumaktionen in der Zahnarztpraxis muss der bzw. die anderen Partner einverstanden sein. Auch im Streitfall darf ein Partner nicht ohne weiteres Karteikartenschränke umräumen und Arbeitsplätze verändern. Das Landgericht hat im Wege der einstweiligen Verfügung derartige Veränderungen untersagt (Landgericht Verden, Urteil vom 16.04.09, 4 O 105/09 – noch nicht rechtskräftig).

 

Wirtschaftlichkeitsprüfung
  
 

Für Praxen mit häufigen Überweisungsfällen ist zu beachten, dass Röntgenaufnahmen bei der Prüfungsstelle vorzulegen sind. Liegen die Röntgenaufnahmen z. B. bereits beim überweisenden Zahnarzt, so ist es im Fall der Wirtschaftlichkeitsprüfung äußerst hilfreich, dass der Grund für die fehlenden Röntgenaufnahmen auf der Patientenliste bzw. bei der Stellungnahme angegeben wird. Man kann etwa formulieren: „Überweisungsfall – Röntgenaufnahmen beim Erstbehandler".

 

Wohnraummietrecht: Nutzungsentschädigung bei Räumungsfrist

  
 

 Gibt der Mieter nach Ende der Mietzeit die Mietsache nicht zurück, muss er dem Vermieter eine Nutzungsentschädigung zahlen. Die Entschädigung schuldet der Mieter jedoch nur taggenau, also bis zum Tag des Auszugs. Das AG Schöneberg hat entschieden, dass jedenfalls dann, wenn die Vertragsparteien eine Räumungsfrist vereinbaren, der Mieter für den gesamten Zeitraum Nutzungsentschädigung leisten müsse unabhängig davon, ob er die Räume dann doch tatsächlich früher zurückgebe. Im entschiedenen Fall war die Räumungsfrist auf den 31. Dezember vereinbart, der Mieter gab die Räume aber schon zum 17. Dezember zurück, musste gleichwohl für den gesamten Dezember zahlen.

Praxistipp:

Die Vereinbarung einer Räumungsfrist lohnt sich. Damit wissen beide Seiten, auf was sie sich – auch finanziell - einlassen. Es kann nicht nur die Räumungsfrist, sondern auch die Höhe der Nutzungsentschädigung vereinbart werden. Sonst ist die zuletzt gezahlte Miete ausschlaggebend. Unterbleibt eine Vereinbarung, kann der Vermieter zwar nach der Rückgabe ggf. noch weiteren Schadensersatz geltend machen, z.B. weil er die Räume nicht sogleich wieder vermieten kann. Hier gelten aber erhöhte Anforderungen.

 

Wenn der Staatsanwalt kommt  - Richtiges Verhalten bei Durchsuchung und Beschlagnahme in der Praxis

 

In den letzten Jahren sind Ermittlungsverfahren gegen Zahnärzte und Ärzte drastisch angestiegen. Mit einem weiteren Anstieg ist zu rechnen. So weist die amtliche Statistik für das Jahr 2003 13781 Fälle aus, das sind 1374 mehr als im Jahr 2002.

Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Abrechnungsbetruges oder fahrlässiger Körperverletzung ist regelmäßig mit einer Durchsuchung der Praxisräume zwecks Sicherstellung und Beschlagnahme von Beweismitteln, wie etwa Patientenakten, zu rechnen.

Das Verhalten zum Zeitpunkt der Durchsuchung und Beschlagnahme kann entscheidend für den weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens sein, da es natürlich gilt, eigene Rechte als Beschuldigter zu wahren.

Aus diesem Grunde rät Ihnen Rechtsanwältin Alexandra Zimmermann, Fachanwältin für Strafrecht und Tätigkeitsschwerpunkt im Medizinrecht, wie Sie sich im Falle einer Durchsuchung Ihrer Praxis verhalten:

1. Keine Aussagen zur Sache

Als Beschuldigter hat man das Recht zu schweigen, ohne dass hieraus Nachteile erwachsen dürfen. Von diesem Recht gilt es grundsätzlich zunächst Gebrauch zu machen.

Dies gilt sowohl für eine förmliche Vernehmung als Beschuldigter als auch für eine informatorische Befragung, also ein bloßes „Herumfragen" der Ermittlungsbeamten vor Ort.

Verweisen Sie höflich auf ihr Schweigerecht und verweisen Sie gegebenenfalls auf einen Strafverteidiger.

Gleiches gilt für die Angestellten – diese haben als sogenannte Berufshelfer entweder ein Zeugnisverweigerungsrecht (so zum Beispiel die medizinisch-technische Assistentin) oder jedenfalls ein sogenanntes Aussageverweigerungsrecht zum Schutz etwaiger Selbstbelastungen.

2. Ermittlungsbeamten in einen vom Patientenverkehr abgelegenen Raum bitten.

Dieser Bitte werden die Ermittlungsbeamten in aller Regel nachkommen.

3. Unverzüglich einen in Strafsachen erfahrenen Rechtsanwalt verständigen.

Wenngleich kein Rechtsanspruch auf die Anwesenheit eines Rechtsanwaltes bei der Durchsuchung besteht, so warten die Ermittlungsbeamten regelmäßig ein angekündigtes Eintreffen eines Rechtsanwaltes vor Beginn der Durchsuchungsmaßnahme ab. Gegebenenfalls kann auch eine telefonische Hinzuziehung des Rechtsanwaltes erfolgen.

4. Kontaktdaten der Durchsuchungsbeamten geben lassen.

Es sollten die Namen, Dienstbezeichnungen, Dienstbehörde und Telefonnummern der durchsuchenden Ermittlungsbeamten, etwa durch die Aushändigung der Visitenkarten, erbeten werden.

5. Aushändigung der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse verlangen.

Wenn diese nicht vorliegen und die Beamten angeben, die Durchsuchung finde aufgrund „Gefahr im Verzug" statt, so sind sie verpflichtet, dem Betroffenen mitzuteilen, warum eine Gefahr im Verzug angenommen wird.

6. Ruhe bewahren und Konfrontationen mit den Ermittlungsbeamten vermeiden.

7. Heraussuchen und Übergabe der im Durchsuchungsbeschluss aufgeführten Unterlagen.

Durch die Herausgabe der konkret im Durchsuchungsbeschluss aufgeführten Unterlagen kann regelmäßig die komplette Durchsuchung der Praxis vermieden werden. Zudem kann so die Verkürzung der Durchsuchungsmaßnahme erreicht werden, was insbesondere im Rahmen des Praxisbetriebes und Zeiten des Patientenverkehrs dringend geboten ist, um die Durchsuchungsmaßnahme nicht nach außen dringen zu lassen.

8. Bitten Sie die Durchsuchungsbeamten statt der Originale lediglich Kopien mitzunehmen.

9. Alternativ: erbitten Sie die vorherige Anfertigung von Fotokopien der Unterlagen.

10. Achten Sie darauf, dass sämtliche sichergestellten und beschlagnahmten Unterlagen und Gegenstände auf dem Sicherstellungs- und Beschlagnahmeprotokoll aufgeführt werden.

11. Auf der Niederschrift über die Durchsuchung ankreuzen: Durchsuchung nicht gestattet, mit der Beschlagnahme / Sicherstellung nicht einverstanden.

Dies stellt keinen Widerspruch zu dem vorherigen Heraussuchen und Übergeben konkreter Unterlagen dar und ist wichtig für den Erhalt bestimmter Rechte und Verteidigungsmöglichkeiten.

Denn die freiwillige Herausgabe der Unterlagen enthält einen Verzicht auf ein gegebenenfalls bestehendes Beschlagnahme- und Verwertungsverbot.

  
   

Autoren:
Frank Ihde, Rechtsanwalt und Notar
Astrid Precht, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht
Alexandra Zimmermann, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht
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